Hilfe für Igel im Herbst und Winter

Igel sind erstaunlich anpassungsfähig. Im Herbst jedoch häufen sich Wildunfälle, ob im Straßenverkehr oder durch den Einsatz elektrischer Gartengeräte. Erfahren Sie hier mehr über Igel und ihre Lebensweise, wie Sie den kleinen Säugetieren mit einfachen Mitteln das Leben erleichtern können und was zu tun ist, wenn Sie einen verletzten oder geschwächten Igel finden.

Igel in Deutschland

Hier bei uns in Deutschland kommt der Braunbrustigel und der Nördliche Weißbrustigel vor, wobei letzterer sehr selten und nur in wenigen Randgebieten Ostdeutschlands anzutreffen ist. Der Braunbrustigel hingegen ist im ganzen Land weit verbreitet und sucht sich in den Gärten und Grünanlagen von Siedlungsbereichen sein Revier.  Somit hat er sich dem Infrastrukturwandel des Menschen angepasst und gilt als typischer Kulturfolger.

Stacheln

Kein anderes Tier in Deutschland hat einen Stachelpelz, dies macht den Igel besonders einzigartig. Bis zu 8.000 Stacheln kann ein ausgewachsener Igel auf seinem Kopf und Rücken tragen, gefärbt sind sie von braun über weiß bis hin zu fast schwarz und bestehen aus verhornten Haaren. Bei Gefahr rollt er sich zu einer Kugel zusammen und kann somit äußerst wirksam Fressfeinde von sich fernhalten. Bereits bei der Geburt haben Igelbabys weit auseinander liegende weiße Stacheln, die noch tief in der rosafarbenen aufgequollenen Rückenhaut stecken. Innerhalb der ersten 48 Lebensstunden trocknet die Haut und schrumpft dabei, die Stacheln kommen zum Vorschein und messen etwa 6-8 mm. Weitere Stacheln wachsen nach und innerhalb von zwei Wochen ist der ganze Rücken des Igelkindes damit bedeckt. Übrigens hat jeder einzelne Stachel einen eigenen Muskel, weshalb das Zusammenrollen zu einer Kugel ein äußerst komplexes Zusammenspiel vieler Muskeln bedeutet.

Lebensweise

Igel sind Einzelgänger, haben feste Reviere und sind hauptsächlich nachtaktiv. Oft überlappen sich die Territorien, die sie in der Regel jedoch nicht verteidigen, sondern den anderen Artgenossen aus dem Weg gehen. Sie bauen sich Nester unter Hecken, Laubhaufen oder Sträuchern und halten dort auch ihren Winterschlaf. Früher lebten Igel in den durch Hecken geprägten landwirtschaftlich genutzten Lebensräumen, Gärten oder Wäldern. Heutzutage sind sie hauptsächlich in Siedlungsgebieten anzutreffen, angepasst an die veränderten Bedingungen.

 

Laute

Wer denkt, von einem Igel würde man nichts sehen oder hören, liegt falsch. Denn Igel sind äußerst gesprächig, verfügen über ein vielfältiges Repertoire an unterschiedlichen Lauten und setzen diese auch gerne lautstark ein. Ihr „Bellen“ drückt deutliches Missfallen aus und kann einen ziemlich erschrecken, denn es klingt wie der Husten eines Menschen mit einer Bronchitis. Gegen Rivalen oder andere Störenfriede wird gerne ein deutlich warnendes Fauchen eingesetzt, welches dem einer Katze durchaus ähnelt. Auch knurren können Igel, wenn sie sich gestört fühlen, oder bei freudiger Erregung ähnlich wie Meerschweinen glucksen. Man hört sie beim Fressen geräuschvoll schmatzen oder sie knacken Schneckenhäuser und Insektenpanzer auf. Lebt ein Igel im Garten, so weiß man in der Regel davon!

Beute

Igel sind Fleischfresser und ernähren sich hauptsächlich von Insekten, Würmern und Schnecken. Auch Vogeleier und kleine Säugetiere landen ab und an auf ihrem Speiseplan. Da sie Winterschlaf halten, bereiten sie sich bereits früh auf die entbehrungsreiche Jahreszeit vor und fressen sich eine dicke Fettschicht an.

Winterschlaf

Im November suchen sich die Stacheltiere ein warmes Winterquartier, beispielsweise unter einem Laubhaufen. Sinken die Temperaturen Richtung Gefrierpunkt, fasten Igel 1-2 Tage, um ihren Darm zu entleeren. Sie fahren während des Winterschlafs ihren Stoffwechsel weit herunter, dabei reduzieren sie Herzschlag, Körpertemperatur und Atmung auf ein Minimum. Ihr Versteck sollte kühl und trocken sein, wird es zu warm, wachen die Igel auf und verlieren kostbare Energie. Wenn die Tiere im Frühling erwachen sind sie geschwächt und torkeln, sie benötigen nun dringend Wasser. Futter suchen sie erst ab dem 2. oder 3. Tag. Obwohl es in den Städten wärmer ist als auf dem Land, halten Igel auch dort Winterschlaf.

Wie kann Igeln geholfen werden?

Als unter Naturschutz stehendes Wildtier, darf man Igel nicht einfach fangen und mit nach Hause nehmen. Es ist jedoch erlaubt, hilfsbedürftige Tiere aufzunehmen, aufziehen und gesund zu pflegen.

Wann benötigt ein Igel Hilfe?

Ob ein Igel tatsächlich Hilfe benötigt ist oft nicht eindeutig, denn oft wirkt sich gut gemeinte Hilfe schädlich oder sogar tödlich auf sie aus. Wenn Sie im Herbst einen Igel am Tag sehen, so beobachten Sie ihn bitte zunächst aus einiger Entfernung. Kranke oder verletzte Igel verhalten sich apathisch, sind abgemagert (unter 500 Gramm) oder weisen sichtbare Wunden auf. Laufen Igel bei Frost und geschlossener Schneedecke noch im Freien herum, sind meist geschwächt oder krank und benötigen unsere Hilfe. Auch verwaiste Igelbabys sterben ohne unser Eingreifen. Wenn Sie ein hilfsbedürftiges Tier finden, so bringen Sie es bitte schnellstmöglich zu einer Auffangstation für Wildtiere oder ins nächstgelegene Tierheim. Dort kann es optimal und sachkundig versorgt werden. Bitte bieten Sie einem Igel niemals Milch an, denn sie sind laktoseintolerant und der von der Milch verursachte Durchfall kann tödlich für sie sein. Katzenfutter gemischt mit Igeltrockenfutter und Weizenkleie eignet sich am besten, wenn ein bedürftiger Igel gefüttert werden muss.

Unterbringung

Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass Sie einen Igel bei sich aufnehmen müssen, so machen Sie sich bewusst, dass es sich um sehr anspruchsvolle Pfleglinge handelt. Sie benötigen einen trockenen, ungestörten Ort ohne Zugluft und mindesten 2 qm Platz als Auslauf. Igel sind wahre Kletterkünstler und neigen zum Ausbrechen, daher sollte die Umrandung mindesten 40 cm hoch sein. Sie brauchen auf Grund ihres empfindlichen Gehörs unbedingt viel Ruhe und man darf nicht vergessen, dass die Zeit bei Menschen für ein Wildtier immer Dauerstress bedeutet. Merken Sie sich unbedingt den Fundort des Tieres, denn sie sind reviertreu und sollten wieder dort in die Freiheit entlassen werden, wo sie aufgefunden wurden.
Junge Igel benötigen mindesten 600-700 Gramm Schlafgewicht, um durch den Winter zu kommen. Wiegt ein Tier Anfang Dezember unter 400 Gramm, so sollte es in menschliche Obhut genommen und aufgepäppelt werden. Das Tier muss nun täglich gewogen und neben der Katzen-Igeltrockenfutter-Mischung mit Rührei oder gekochtem Eigelb gefüttert werden. Auch gekochtes Rindfleisch mit Möhren wird gerne angenommen und ist leicht zu portionieren. Frisches Wasser sollte stets zur Verfügung stehen. Sobald der Igel sein Schlafgewicht erreicht hat, stellen Sie sein Gehege erst in einen kühleren Raum und anschließend in den Garten oder auf den Balkon, damit er in Winterschlaf fallen kann. Kranke Igel sollten weiterhin bei Zimmertemperatur versorgt und nicht in den Winterschlaf gebracht werden.

Auswilderung

Im April/Mai des nächsten Frühjahres muss der Igel wieder ausgewildert werden. Am besten am Fundort, da er so sicher in sein Revier zurückfinden kann. Ist dies nicht möglich, wird er auch in einem naturnahen Garten zurechtkommen. Bringen Sie den Igel während der Abenddämmerung nach draußen und überlassen sie ihm selbst, wann er sein Gehege verlässt. Dies kann auch mal 3 Stunden in Anspruch nehmen. Entfernen Sie das Gehege oder Schlafhaus am nächsten Tag, der Igel wird und soll nicht dorthin zurückkehren.

Igelfreundlicher Garten

Als Gartenbesitzer können Sie viel für Igel tun, indem Sie in Ihrem Garten ein wenig Unordnung erlauben. Lassen Sie einen oder mehrere Laubhaufen liegen, sie eignen sich wunderbar als Rückzugs- und Überwinterungsmöglichkeit. Auch Reisighaufen helfen den kleinen Stacheltieren, einen Unterschlupf zu finden. Achten Sie beim Einsatz von Gartengeräten stehts darauf, dass sich kein Igel in der Nähe befindet und stechen sie beispielsweise nicht einfach mit einer Heugabel in einen Laufhaufen. Nutzen Sie wenn möglich keine Mähroboter für Ihre Rasenpflege, alle im Handel erhältlichen Modelle weisen immer noch gravierende Sicherheitsmängel auf. Sie erkennen ein auf dem Boden sitzendes Tier nicht, rollen einfach über es hinweg und verletzen oder töten es grausam. Da Igel bei Gefahr nicht flüchten, sondern sich zusammenrollen, sind gerade Mähroboter eine tödliche Falle für sie. Keinesfalls sollten Motorsensen unkontrolliert dazu verwendet werden, Unkraut oder Gestrüpp unter Hecken zu entfernen. Sitzt ein Wildtier unbemerkt darunter, so sind meist tödliche Schnittverletzungen die Folge.

 

Bedrohungen

Neben natürlichen Fressfeinden, wie z. B. der Fuchs oder Uhu, haben Igel vor allem mit Bedrohungen durch uns Menschen zu kämpfen. Ihr Lebensraum wird mehr und mehr eingeengt und es fehlt ihnen an Nahrung und Verstecken in modern gestalteten Gärten und Grünanlagen.

Intensivierte Landwirtschaft

Durch die Monokulturen der intensivierten und industriellen Landwirtschaft, gibt es für den Igel kaum mehr Rückzugsmöglichkeiten oder Nahrung. Die Felder werden immer größer, schwere Maschinen beackern riesige zusammenhängende Flächen. Hecken, Grünstreifen oder Feldgehölze verschwinden mehr und mehr, überlebenswichtige Strukturen für Wildtiere wie auch den Igel. Daher haben sie sich in die Siedlungsgebiete zurückgezogen, denn dort finden sie meist bessere Bedingungen als in der ausgelaugten Agrarlandschaft.

Straßenverkehr

Straßen zerschneiden den Lebensraum der Igel, aber auch Zäune oder Mauern machen ihnen das Leben schwer. Werden auf diese Weise Populationen künstlich eingeengt, wirkt sich dies negativ auf das Genmaterial und das Überleben der Art aus. Allein dem Straßenverkehr fallen jährlich eine halbe Million Igel zum Opfer.

Moderne Infrastruktur

Wie bereits zuvor beschrieben, helfen naturnahe Gärten dem Igel ungemein. Dennoch sind weiter triste Steingärten auf dem Vormarsch, da man vermeintlich keine Arbeit damit hat. Auch getrimmtes Einheitsgrün nimmt unseren Wildtieren den Lebensraum und die Nahrungsgrundlage. Der Einsatz von chemischen Pestiziden oder Insektiziden sind schädlich für Igel, da sie die damit belasteten Tier wie beispielswiese Schnecken fressen und somit selbst vergiftet werden.

Wenn Sie als Gartenbesitzer Ihren Garten naturwild wachsen lassen, so machen Sie das Leben unserer heimischen Igel und das von unzähligen anderen Wildtieren um ein Vielfaches leichter. Jede ausgestreute Wildsamenmischung und jeder liegen gelassene Laubhaufen zählt - zum Schutz der Natur und unserer eigenen Zukunft!

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