Familienalltag in der Biberburg

Bei uns in Deutschland ist der Eurasische Biber (Castor fiber) das größte Nagetier. Im 19. Jahrhundert wurde er durch intensive Bejagung wegen seines Fells und Fleisches, fast komplett ausgerottet und nur durch konsequente Schutzmaßnahmen und Auswilderungen im 20. Jahrhundert, haben sich die Biberbestände in den vergangenen zehn Jahren wieder erholt. Der Biber fällt Bäume, baut Dämme und Burgen und staut Bäche auf. Dadurch gestaltet er nicht nur für sich die Landschaft, sondern schafft auch für viele Pflanzen und Tiere einen geeigneten Lebensraum. Den besten Hochwasserschutz bieten die vom Biber gestalteten Flüsse.

Merkmale & Sinne

Als semiaquatisches Säugetier ist der Biber ausgezeichnet an ein Leben im Wasser angepasst, obwohl er dort nur ein paar Stunden des Tages verbringt. Um den Energieverbrauch im Wasser zu reduzieren, ist seine Gestalt stromlinienförmig und deren gutes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen verhindert den Verlust von Körperwärme. Obwohl er am Ufer oft plump wirkt, ist der Biber zu überraschend schnellen Sprints in der Lage und kann mühelos steile Uferböschungen erklimmen. Er wiegt im Schnitt etwa 18 Kilogramm.

Dichtes Fell
Pro Quadratzentimeter besitzt der Biber bis zu 23.000 Haare! Sein Fell ist somit eines der dichtesten im Tierreich. Meistens ist sein Pelz hell- bis dunkelbraun gefärbt und benötigt eine aufwendige Pflege, damit es vor Nässe und Kälte schützt. Der Biber kämmt es daher regelmäßig mit einer sogenannten Putzkralle und fettet es mit einem öligen Analdrüsensekret (Bibergeil) ein. Zwischen den oberen langen Grannenhaaren und der dichten Unterwolle bildet sich eine isolierende Luftschicht, die nicht nur als Wärmeschutz sondern auch Auftrieb beim Schwimmen bietet.

Die Biber-Kelle
Der Schwanz des Bibers ist breit abgeflacht und wird als Kelle bezeichnet. Sie ist nicht mit Haaren, sondern mit Schuppen bedeckt und dient unterschiedlichen Zwecken. Zum einen nutzt sie der Biber beim Schwimmen zum steuern und rudern, zum anderen kommt sie auch als Kommunikationsmittel zum Einsatz. Bei Gefahr klatscht der große Nager seinen Schwanz lautstark auf die Wasseroberfläche. Des Weiteren benutzt der Biber ihn als Stütze beim Sitzen und hält ihn an heißen Tagen zur Abkühlung ins Wasser. Im Winter dient das Multifunktionsorgan als Fettspeicher.

Zähne

Im Ober- und Unterkiefer besitzt der Biber je zwei, etwa dreieinhalb Zentimeter lange, Schneidezähne, die sein Leben lang wachsen. Wie bei den meisten Nagetieren, ist der extrem harte Zahnschmelz auf der Zahnvorderseite eisenoxidhaltig und weist daher eine orange-gelbe Färbung auf. Auf der Zahninnenseite ist der Zahnschmelz ohne Eisenoxid und daher viel weicher. Die Zähne schärfen sich ständig selbst, da die harte Vorderseite der unteren Zähne die weiche Rückseite der oberen Zähne abschleift. Die nötige Beißkraft für das Fällen von Bäumen wird durch eine besonders starke Kiefermuskulatur ermöglicht. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Biber eine Lücke zwischen ihren Vorder- und Backenzähnen besitzen. Dadurch können sie ihre Lippen zurückziehen und den Mundraum völlig schließen. Auf diese Weise sind sie in der Lage, unter Wasser zu fressen (obwohl sie keine Kiemen besitzen), ohne dass Wasser in die Mundhöhle gelangt, was einmalig unter den Säugetieren ist.

Sinnesorgane
Beim Schwimmen ist der Körper des großen Nagers fast vollständig unter Wasser, da seine Augen, Nasen und Ohren sehr hoch am Kopf und auf einer Linie liegen. So ist es ihm möglich Gefahren wahrzunehmen, ohne selbst entdeckt zu werden. Biber können etwa 15 bis 20 Minuten tauchen, dabei werden Nase und Ohren verschlossen. Durch eine dünne und durchsichtige Nickhaut sind seine Augen auch unter Wasser geschützt. Obwohl der Biber dämmerungs- und nacktaktiv ist, ist sein Sehsinn relativ schwach ausgeprägt. Er besitzt keine lichtreflektierende Schicht auf der Netzhaut (wie beispielsweise Katzen oder Eulen) und kann keine Farben wahrnehmen. Er kann allerdings Grauschattierungen wahrnehmen und auch in der Nacht noch Bewegungen erkennen. Sein Hör- und Geruchssinn hingegen sind sehr gut ausgeprägt und mit Hilfe von Tasthaaren an der Schnauze, findet sich der Biber auch im trüben Wasser zurecht und kann problemlos den Eingang zu seiner Biberburg finden.

Lebensweise

Die geschickten Landschaftsgestalter leben in engen Familienverbänden und können sich gut an ihre Umgebung anpassen. Ihr Leben lang bauen und erweitern sie ihre Dämme und Baue. Der wohl größte Damm befindet sich in Kanada – in der Provinz Alberta – und ist 850 Meter lang. Viele Generationen an Bibern haben diesen imposanten Damm über Jahrzehnte hinweg gebaut.

Nahrung
Biber ernähren sich rein pflanzlich. Sie fällen Bäume also nicht nur um Dämme zu bauen, sondern fressen die zarten jungen Zweige und Knospen in den Baumkronen. Auf ihrem Speiseplan stehen darüber hinaus Kräuter, Wasserpflanzen und Gräser. Im Winter geben sie sich auch mit der Rinde von Bäumen zufrieden. Ein ausgewachsener Biber benötigt pro Tag zwischen zwei und drei Kilogramm Nahrung.

Familienverband
In der Regel leben Biber in einem Verband, bestehend aus dem Elternpaar und den Würfen aus den vergangenen beiden Jahren. Bis das Weibchen zwischen April und Juni ein bis vier Jungtiere zur Welt bringt, müssen die zwei Jahre alten Geschwister bereits das elterliche Revier verlassen haben. Der Mittelpunkt der Biberfamilie bildet der Wohnkessel der Biberburg. Er kann einen Durchmesser von bis zu 1,20 Metern und eine Höhe von etwa 40 Zentimetern erreichen. Aufgezogen wird der Nachwuchs von den Eltern und älteren Geschwistern vom Vorjahr. Im Laufe der Zeit legt die Biberfamilie viele unterschiedliche Baue an: einfache Erdbaue, die komplett vom Wasser umgebene Biberburg, viele Eingänge und Kessel. Unterschiedliche Röhren dienen als Fluchtwege, verbinden Gewässer und einen versteckten Ausstieg. Das gesamte Revier wird von allen Familienmitgliedern mit Bibergeil (Analdrüsensekret) markiert und auch vehement verteidigt.

Lebensraum

Biber mögen weiche Gehölze, wie Pappeln oder Weiden, und langsam fließende oder stehende Gewässer. Sie sind jedoch sehr anpassungsfähig und gestalten die Landschaft einfach um, wenn sie nicht ihren Ansprüchen entspricht. Hauptsache das Wasser ist tief genug zum schwimmen und tauchen und sollte im Winter nicht komplett zufrieren. Des Weiteren benötigt der Biber zwingend ausreichend Bäume, die ihm als Nahrungsquelle dienen. Der große Nager scheut dabei auch die Nähe des Menschen nicht, sondern passt sich den Umständen seiner Umgebung einfach an.

Bedrohungen

Während der Biber früher vor allem durch die Bejagung stark bedroht wurde, macht ihm heute die Zerstörung seines Lebensraumes durch den Menschen zu schaffen. Auch der Straßenverkehr fordert unzählige Todesopfer jedes Jahr. Jungtiere sind darüber hinaus vor allem durch Greifvögel und Raubfische gefährdet. Auch Hochwasser und starke Strömungen im Frühjahr sind besonders gefährlich für Jungtiere. Sie sind meist noch zu schwach, um tauchend den Bau verlassen zu können und ertrinken.

Oftmals reicht die landwirtschaftliche Nutzung bis an Gewässerufer heran, weshalb die Nahrungsquelle des Bibers, wie Weiden und Pappeln, verschwinden. Er hilft sich also auf anderen Wegen und frisst was er kriegen kann: Obstbäume oder Feldfrüchte des Menschen. Sein unterirdisches Tunnelsystem kann Ackerflächen so destabilisieren, dass schwere Landmaschinen einbrechen. Auch in der Forstwirtschaft kann der Biber große Schäden anrichten. Somit ist es unumgänglich, dass in Biber-Siedlungsgebieten, durch ein ausreichendes Management, Konflikten zuvorgekommen wird und bei Schäden auch finanzielle Entschädigungen bereitstehen.

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